Sonntag, 12. Dezember 2010

Das Arbeiten in der Health Clinic

Am Dienstag hatte ich meinen ersten Arbeitstag in der Clinic.
Ich arbeite von Montag bis Freitag von 08:00 Uhr bis 14:00 Uhr sowie jeden zweiten Samstag.. Sonntags habe ich immer frei. Die Clinic ist aber 24 Stunden geöffnet.
Die Patienten warten auf langen Bänken im Innenhof bis sie an der Reihe sind. Alle Patienten müssen sich zuerst am Empfang anmelden und eine Gebühr von 25 Dalasi zahlen (also weniger als 1€, für die Einheimischen ist das jedoch eine Menge Geld). Ich sollte die erste Woche bei einer Schwester im Sprechzimmer zugucken, damit ich sehe welche Patienten wir haben. Hier ist es so, dass die Schwester die Diagnose feststellt und auch die Medikamente verordnet, nicht der Arzt! Die Patienten haben ihre Symptome genannt und wurden dann in der Regel alle direkt ins Labor geschickt zur Blutabnahme und Urinkontrolle. Dem einen oder anderen Patienten wurde der Blutdruck gemessen, das wars dann aber auch schon. Ansonsten wurden sie weder genauer angeschaut noch zur Diagnosesicherung abgetastet. In der Regel hatten die Patienten Malaria, Harnwegsinfektionen oder Gastritis.
Die Patienten bekommen auch fast immer die Kombination aus Antibiotika, Paracetamol und Vitamin-B verschrieben, sowie weitere „krankheitsspezifische“ Medikamente.
Nach zwei Tagen zugucken wurde mir dann etwas langweilig und ich wechselte zum „Ward“ also auf die Clinic-Station. Insgesamt haben wir 9 Betten, sowie 4 Liegen zum Entbinden. Auch hier lagen fast alle Patienten mit „severe Malaria“, also einer schweren Malaria.
Viel ist auch hier für mich bisher nicht zu tun gewesen. Wenn ich um 08:00 komme, wurde bereits allen Patienten bei der Körperpflege geholfen und Medikamente verabreicht. Erst Mittags um 12:00 Uhr kann ich eine Runde machen und Vitalzeichen (RR, P, Temp., SpO2) messen. Bei maximal 9 Patienten ist das schnell erledigt.... Die Visite ist um ca. 09:00 Uhr. Da hier in einem Mix aus Englisch, Französisch, Wolof und Mandinka gesprochen wird, habe ich bisher noch nichts verstanden! Wenn die Schwester die Visite ausarbeitet, konnte ich in der Apotheke mal schnell ein Medikament holen oder einem Patienten verabreichen.
Generell sitzen aller viel herum und quatschen, gucken TV oder telefonieren mit dem Handy, das auch nicht lautlos geschaltet wird. Zwischendrin wird dann mal was gearbeitet, wenn es etwas zu tun gibt. In Deutschland unvorstellbar :D Es ist alles einfach seeeehr gewöhnungsbedürftig, denn in Deutschland ist es ja eigentlich komplett anders herum.
Das Highlight meines ersten Tages war eine Entbindung. Die Frauen kommen zu uns, wenn sie bereits in den Wehen sind und es nicht mehr allzulange bis zur Geburt dauert. Nach der Entbindung bleiben sie noch zwei Stunden liegen und werden dann von ihrer Familie abgeholt.
Wenn eine Frau mit 22 Jahren ihr erstes Kind bekommt, ist das schon etwas spät. Viele starten hier mit 16/17 Jahren, direkt nach der Hochzeit.
In Deutschland habe ich bereits bei einer Spontangeburt zugesehen. Nachdem ich hier zugesehen habe, war ich allerdings ein wenig geschockt.....einfach, weil hier alles gaaaanz anders gehandhabt wird als bei uns.
Die Schwangere konnte nicht wirklich in geschützter Atmosphäre entbinden. Ein Vorhang verdeckte zwar die kleine Ecke in der sie auf einer Untersuchungsliege lag, aber jeder der daran vorbei ging war der Meinung auch mal reinschauen zu müssen um zu wissen wie weit sie ist. Ich glaube, die Patientin hat das hier aber auch nicht gestört, weil es hier einfach so ist.
Während den Wehen hat sie selbstverständlich mal etwas lauter geschrieen, aber auch nicht wirklich nennenswert. Dennoch wird das hier gar nicht gerne gesehen und somit wurde ihr von allen Seiten zugerufen, sie solle damit doch bitte aufhören.
Als das Baby endlich kam wurde es erstmal ans Fussende der Liege hingelegt und die Mutter weiter versorgt. Irgendwann fragte die Mutter, ob es ein Mädchen oder ein Junge sei, da nahm die Hebamme das Baby mit einer Hand an beiden Armen (!!) und hielt es in die Höhe. Nicht so wie bei uns, wo immer viel Wert drauf gelegt wird, das Köpfchen mit einer Hand festzuhalten. Das Ganze sah also ziemlich brutal aus.....Eine andere Schwester hat dann das Baby zum Waschen in einen Nebenraum mitgenommen. Sie erklärte mir dann, dass man die Käseschmiere mit Wasser nicht abbekäme und benutzte dafür dann Öl. Abgesehen davon, dass mir in Deutschland immer erklärt wurde, dass man die Käsesschmiere zum Schutz des Babies besser dran lasse, hat es aber gut geklappt. Das Baby wurde dann nicht nur mit purer Seife (!) gewaschen, nein, es wurde regelrecht geschrubbt!
Dabei schien es die Schwester auch nicht zu besorgen, dass die Seife in die Augen lief, als sie das Gesicht genauso eifrig reinigte.
Schliesslich wurde das Baby in einen Inkubator gelegt, denn alle Babies kommen nach der Geburt in den Inkubator und werden erst rausgenommen, wenn die Mutter nach 2 Stunden die Clinic verlässt.
Ich habe der Mutter noch bei der Intimpflege geholfen und gefragt, ob sie glücklich über die Geburt des Kindes sei, da sagte sie „Ja“, sehr überzeugend war es allerdings nicht.
Als die Familie Mutter und Kind abholte, wurde das Kind einfach auf den Arm gepackt und nicht weiter beachtet. In Deutschland versammeln sich erst mal alle um das Kind herum, bestaunen und schiessen Fotos. Hier ist das glaube ich nicht so, weil Kinder hier am laufenden Band produziert werden :D

Auch wenn sich das alles sehr negativ anhören mag, so ist unsere Clinic sicherlich eine von den Wenigen Guten hier im Lande! Mir kam der Umgang mit den Patienten oft unhöflich vor und sehr hart, aber ich denke, das liegt an der ganzen Lebensweise und Mentalität der Menschen die hier leben und für die ist es wahrscheinlich ganz normal!!
Nach einer Woche kann man vieles auch noch gar nicht beurteilen und das sind wie gesagt meine ersten Eindrücke.
Meinen eigenen Platz muss ich auch noch finden. Würde sehr gerne auf Station bleiben und meiner erlernten Arbeit nachgehen. Werde mir in den kommenden Wochen auch noch das Labor anschauen sowie den „Dressing Room“. In Letzterem werden ausschliesslich Wunden versorgt.

Ich könnte jetzt noch viel mehr schreiben, viele weitere Einzelheiten die mir im Kopf herum schwirren. Das Meiste muss ich wahrscheinlich für mich auch erst mal in meinem Kopf ordnen....
Ich berichte bald mehr.

Bis bald=)

Janina


2 Kommentare:

  1. Hey Janina!

    Das mit der Geburt hört sich ja abenteurlich an! Ich habe ja mal ein Monat in Peru auf dem Land in nem kl krnakenhaus gearbeitet, aber selbst da, mitten in der pampa lief eine Entbindung anders ab. Haha, vorallem wenn man mal gesehen hat wie das in Deutschland läuft, so wie du muss das verrückt wirken.

    Bist jednfalls die erste die ich so direkt kenne die weltwärts macht. finde ich super!
    schön das du uns hierdurch dran teilhaben lässt, freue mich auf weitere "Artikel" :)
    Viel Spaß und interessante Erfahrungen wünsche ich
    dein Jawi

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  2. Hey schön auch von dir zu hören =)
    Ja ich werd versuchen mich regelmässig zu melden, hier erlebt man ja immer so viel!
    Bisher finde ich es echt ganz cool, endlich kann ich auch mal für länger ins Ausland, das wollte ich schon immer=)

    Bis bald, Janina

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